Mein Gott, Wanda by Ulrike Herwig

Mein Gott, Wanda by Ulrike Herwig

Autor:Ulrike Herwig
Die sprache: deu
Format: mobi
Tags: Roman
ISBN: 9783843703260
Herausgeber: Ullstein Buchverlage GmbH
veröffentlicht: 2013-03-05T23:00:00+00:00


15 Der Beginn wunderbarer Freundschaften

Es war Hajo. In einem neuen Trainingsanzug. Er lag auf dem Bauch, mitten auf dem Fußboden.

»Hajo?« Wanda sackte auf die Knie. Nicht schon wieder. Nicht noch ein Todesfall! Franziska wimmerte leise hinter ihr.

»Hast du ihn angefasst, Franziska?«

»Nein, ich bin gleich rückwärts wieder raus!«

Wanda stutzte. Unter Hajos Kopf lag etwas. Ein zusammengeknülltes Handtuch. Wer fiel denn tot um und landete mit dem Gesicht auf einem Handtuch? Sie krabbelte zu Hajo und rüttelte ihn am Arm. Der tote Hajo öffnete ein Auge.

»Hm?«, brummte er.

»Mensch, Franziska!« Wanda wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, der Schock war noch zu frisch. »Der schläft! Hast du denn nicht mal nachgesehen?«

»Ich fass doch keinen Toten an.«

»Er ist doch aber nicht tot!«

»Das wusste ich ja nicht.« Franziska hatte sich wieder gefasst und stand mit über der Brust verschränkten Armen in der Tür.

»Schlafen«, murmelte Hajo und klappte das Auge wieder zu. »Will schlafen. So schön hier.«

»Hajo, geht es dir gut? Bist du krank? Hast du Schmerzen?« Wanda beugte sich über ihn. Immerhin war es ja nicht normal, dass jemand auf dem Fußboden herumlag. Vielleicht war er auch geistig verwirrt. So wie seine Frau ihn herumkommandierte, war das durchaus möglich. Wo steckte die heute überhaupt? Wanda hatte sie noch gar nicht gesehen.

Hajo brummte etwas.

»Hajo? Wenn du müde bist, dann geh doch nach Hause. Da musst du doch nicht auf dem kalten Fußboden schlafen.« Wanda wechselte einen hilflosen Blick mit Franziska. Die biss sich auf die Lippen.

Hajo öffnete beide Augen, rappelte sich hoch und setzte sich hin. »Nach Hause? Haha. Als ob ich da schlafen könnte. Da liegt mir die Lilo dauernd mit irgendetwas in den Ohren. Nie lässt sie mich in Ruhe. Die kann es einfach nicht ertragen, wenn ich nichts mache. Das bringt sie auf die Palme. Dauernd will sie reden. Das hält doch keiner aus. Und wenn ich tagsüber schlafe, da wird sie fuchsteufelswild.« Er sah bedauernswert aus mit seinem rot verquetschten Gesicht und den Haaren, die ihm schräg vom Kopf abstanden. »Früher bin ich immer ins Büro. Aber vorbei ist vorbei. Kann man denn niemals im Leben seine Ruhe haben?«

»Und deshalb hast du dich hier hingelegt.« Langsam verstand Wanda. »Auf den harten Boden?«

»Stört doch keinen. Hier war ja niemand. Und ich schlafe gut mit dem Studiogetöse im Hintergrund. Wirkt wie Zugfahren auf mich.« Er schob trotzig seine Unterlippe vor. »Stört doch keinen«, sagte er noch einmal. »Oder?«

»Nein, das stört keinen. Ich hab mich nur erschrocken.« Franziska schien sich nun endgültig davon überzeugt zu haben, dass Hajo kein Geist war, und kam näher.

»Wo ist denn die … Lilo?«, fragte Wanda vorsichtig. Das fehlte noch, dass diese geschwätzige Person hereingestürmt kam und dem armen Mann die Leviten las.

»Zu Hause. Seitdem sie sich davon überzeugt hat, dass hier alles seine Ordnung hat, scheucht sie mich hierher. Und mir gefällt es ja auch«, beteuerte er schnell. »Es gefällt mir außerordentlich gut.« Und fügte kaum hörbar hinzu: »Es ist so schön still, trotz des Lärms.« Er lächelte schuldbewusst.

»Tja, also … von mir aus kannst du hier schlafen.



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